Liebe Fußballfreunde und Neuenburger Bürger*innen, dass beim FCN stets was los war (ist), konnte ich euch hoffentlich gut darstellen. Doch die Saison 1990/91 übertraf nochmal alles. Die Neuenburger Fußballer befanden sich nach der großartigen Jubiläumswoche im neuen Fußballstadion mit insgesamt fast 10.000 Zuschauern und Teilnehmern in einer absoluten Hochphase. Beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Fußballsaison. Es begann furios, zumindest neben dem Fußballfeld. Beim vom Turnverein organisierten Sportlerball (siehe nachfolgendes Foto), wurde die 1. Mannschaft des FCN von der Neuenburger Bevölkerung zur beliebtesten Mannschaft und Erwin Kappeler zum beliebtesten und populärsten Einzelsportler gewählt.

Für alle die es nicht wissen, unser Erwin erzielte in den Jahren von 1957 bis 1971 in 450 Spielen für die 1. Mannschaft über 300 Tore (bis heute einzigartig) und war danach jahrzehntelang bei den Alten Herren des FCN der Schrecken aller gegnerischen Torhüter. Lieber Erwin, an dieser Stelle ein Gruß von allen FCN-lern und alles Gute für dich und deine Frau Eva.

Danach folgte eine, von den damaligen weiblichen Mitgliedern organisierte und von den Männern durchgeführte, bestens gelungene Jahresfeier, die in einem voll besetzten Stadthaus fast an das Niveau eines „närrischen Zunftabends“ heranreichte. Beweisfoto gefällig!

Ich bin sicher, ihr erkennt die „Tänzer/innen“!?

Viele werden sich jetzt fragen, wurde denn auch noch Fußball gespielt? Ja, aber es war ein holpriger Rundenstart. Fans und Vereinsmitglieder hatten nach der Hochphase deutlich bessere Ergebnisse erwartet. Wie es halt so ist, die Unzufriedenheit äußerte sich in kritischen Bemerkungen gegenüber der Mannschaft und als Konsequenz warf Trainer Günter Haag, der drei Jahre sehr erfolgreich die Mannschaft coachte, das Handtuch! Mit einer Interimslösung konnte sich die Mannschaft bis zur Winterpause noch im gesicherten Mittelfeld festsetzen.

Doch es brodelte weiter beim FCN. Zur Rückrunde wurde ein neuer Trainer (Walter Neher) verpflichtet. Leider blieb mit ihm der erhoffte Erfolg in einem zwischenzeitlich sehr schwierigen Vereinsumfeld aus. Nach 8 Spielen mit nur 2 Punkten war die 1. Mannschaft fünf Spieltage vor Saisonende in akuter Abstiegsgefahr. Für den FCN eher untypisch, wurde wieder der Trainer entlassen und auf eine interne Lösung mit Otmar Pfister gesetzt. Man war sich einig, nur wenn alle an einem Strick ziehen (Spieler, Verantwortliche, Mitglieder, Fans), kann das Abstiegsgespenst verjagt werden. Es folgte das nächste Spiel gegen den Tabellenführer SV Weil. Eine fast unlösbare Aufgabe. Doch mit der Rückkehr einiger Neuenburger Spieler, die zwischenzeitlich die Fußballschuhe zur Seite gestellt hatten, gelang vor großer Zuschauerkulisse (auch die Fans wussten um was es geht), ein 1:1 Unentschieden. Ein wichtiger Punkt! Es folgte das Auswärtsspiel in Kollnau (immer ein unbequemer Gegner) und eine unerwartete 0:7 Klatsche. Der Abstieg rückte drei Spieltage vor Schluss deutlich näher, da insgesamt vier Mannschaften absteigen mussten. Hatte sich die Mannschaft aufgegeben oder nur für die wichtigen Heimspiele geschont? Das Training wurde nochmals intensiviert und vor allem wurden Freistöße und Eckbälle mit Torabschluss trainiert. Das Prinzip, wenn es aus dem Spiel heraus nicht klappt (wieder spricht der Bundestrainer), dann müssen Standards zu Toren führen. Es folgte ein 4:0 Heimsieg gegen Dogern (Hoffnung keimte auf), dann allerdings eine unglückliche 1:2 Auswärtsniederlage in Wehr. So kam es, dass alles entscheidende letzte Heimspiel gegen Simonswald. Ein Unentschieden reichte nicht, es musste ein Sieg her. Mehr als 300 Zuschauer drückten dem FCN die Daumen, zur Halbzeit stand es 0:0, Simonswald gab keine Gastgeschenke. In der 64. Minute dann die Erlösung für alle Neuenburger. Ein Standard (!) führte zum entscheidenden Tor für den FCN. Eckball von Frank Reichert, Joachim „Tschox“ Trautwein steigt hoch (wie noch nie) und sein Kopfball landete unhaltbar im Tor. Großer Jubel hallte durchs Rheinwaldstadion, Spieler und Fans lagen sich in den Armen. Wie „Tschox“ mir heute noch bescheinigt, war dies das wichtigste Tor seiner Fußballerkarriere. Und sein Torjubel der anstrengendste, denn erst nach einem 100 Meter Sprint durchs Stadion konnte er von seinen Mitspielern wieder eingefangen und gefeiert werden. Zwar waren noch lange 30 Minuten bis zum erlösenden Schlusspfiff zu spielen, doch mit großem Kampfgeist und Einsatzwillen brachte die Mannschaft den Sieg über die Ziellinie. Der für den FCN so wichtige Landesliga-Klassenerhalt war geschafft.

Das etwas unscharfe Mannschaftsfoto (hat jemand von den Spielern das Original?) zeigt den großen Kader, mit dem man in die „kuriose“ Saison 1990/91 startete.

Stehend von links: Spielausschuss Peter Mayer, Thomas Schäfer, Marco Reimann, Alexander Träris, Klaus Schaub, Joachim Holzer, Arno Schaub, Oliver Schreiber, Frank Wachenheim, Frank Reichert, Jürgen Schäfer, Masseur Joachim Leible, Trainer Günter Haag; kniend von links: Manfred Blattmann, Remo Bonarrigo, Joachim Joos, Bernd Elsäßer, Patrick Renkert, Gerd Grozinger, Jörg Martin, Christoph Bauer, Bernd Grether; es fehlen: Joachim „Tschox“ Trautwein, Marc Speck, Martin Träris, Martin Escher, Alexander Wetzel, Harald Wetzel.

Es ging also gerade nochmal gut und die Verantwortlichen des FCN wollten zukünftig nicht mehr die gleichen Fehler machen. Vier Trainer in einer Saison (nur Schalke 04 hatte diese Saison schon einen Trainer mehr!), Uneinigkeit im Verein, Kritik hinter vorgehaltener Hand, das tut keinem Verein gut. Man wollte neue (alte) Wege beschreiten. Welche und wie es weiterging, lest ihr nächste Woche.

Bis dahin, bleibt gesund und geduldig. Mit sportlichen Grüßen. Otmar Pfister. Tel. 0160/96852436, Mail: otmarpfister@web.de