Liebe Fußballfreunde und Neuenburger Bürger*innen, wer meine Fußballberichte liest weiß, dass ich nicht nur den reinen Spielverlauf betrachte, sondern auch über Geschehnisse außerhalb des Fußballplatzes oder über Meinungen der Zuschauer und Fans berichte.
Das Lokalderby in Auggen am vorletzten Sonntag hatte in dieser Hinsicht einiges zu bieten. Wie zu erwarten war, machte sich eine große Schar Neuenburger Anhänger auf, um unsere Mannschaft im allseits beliebten Weindorf zu unterstützen. Laut den Auggener Vereinsverantwortlichen waren mehr Zuschauer vor Ort als tags zuvor beim Verbandsligaspiel der Auggener 1. Mannschaft gegen den SC Pfullendorf. Es war halt auch ein Lokalderby! Solche Lokalderbys haben ihren besonderen Reiz. Meist sind von beiden Seiten mehr Emotionen im Spiel, auch der Einsatz und Kampfgeist der Spieler ist gegenüber anderen (normalen) Spielen deutlich intensiver. Und die Zuschauer tun mit ihren lautstarken Zurufen, ob positiv oder negativ, ihr Übriges dazu.
Beim zuständigen Fußballverband stehen solche Lokalderbys unter besonderem Augenmerk. Es werden zu diesen Spielen erfahrene und souveräne Schiedsrichter eingeteilt, um jegliche Aggressionen und Unsportlichkeiten während dem Spiel frühzeitig im Keim zu ersticken. Das Derby zwischen Auggen und Neuenburg begann in dieser Hinsicht sehr fair. Das Spiel fand fußballerisch auf keinem hohen Niveau statt, beide Mannschaften leisteten sich im Spielaufbau zu viele Fehlpässe. Trotzdem erspielten sich die Neuenburger auf dem ungewohnten kleinen Platz ein leichtes Chancenplus, was kurz vor der Pause zum 1:0 führte. Die Fans des FCN, die das Spiel „hautnah“ verfolgen konnten (die Abgrenzung des Platzes ist kaum ein Meter von der Außenlinie entfernt), feierten erfreut die etwas glückliche Pausenführung mit einem „Auggener Schorle“. So eine „Enge“ auf und um einen Fußballplatz hat allerdings eine bedeutende Eigenschaft. Nicht nur die Zuschauer und Spieler hören alle Kommentare und Zurufe, auch der Schiedsrichter bekommt alles mit. Jedes Meckern oder Kritisieren der Spieler auf seine Pfiffe, ob richtig oder falsch, nimmt er natürlich besonders wahr. Die Auggener wissen ob dieser Brisanz natürlich bestens Bescheid und haben ihren Spielern vor dem Anpfiff die klare Anweisung gegeben, während dem Spiel kein Wort gegen den Schiedsrichter oder dessen Entscheidungen zu richten.
Das Neuenburger Team (Trainer, Spieler etc.) war in dieser Hinsicht etwas naiv. Ein paar freundliche Worte vor Spielbeginn zum Schiedsrichter reichen da nicht aus, wenn während des Spiels viele seiner Pfiffe auf dem Platz und von der Bank aus kritisiert werden. Der Schiedsrichter ist auch nur ein Mensch und lässt sich oft von solch kritischen Kommentaren beeinflussen, bewusst oder unbewusst! Welche Aufgabe hat ein Schiedsrichter? Kurz, „der Schiedsrichter ist eine unparteiische Person, die ein Spiel leitet, den regelgerechten Spielverlauf überwacht, entsprechende Verstöße ahndet und die Entscheidungen fällt“. Ein Zwiespalt oder die Meinungsunterschiede zwischen Schiedsrichter und Spielern (Mannschaften) besteht, seit es den Fußballsport gibt. Nicht umsonst wurden aufgrund vieler subjektiver Fehlentscheidungen im Profifußball neben den Schiedsrichterassistenten (Linienrichter) ein vierter Offizieller, der u.a. auch das Umfeld überwacht, dem Schiedsrichterteam beigefügt. Und seit einigen Jahren gibt es den Video-Schiedsrichter, der das Spielgeschehen per Videoaufzeichnung live mitverfolgt und den Platzschiedsrichter bei seinen Entscheidungen unterstützt bzw. korrigiert. Puh! Wie gut oder schlecht diese Videoanalysten sind, kann jeder selbst beurteilen. Aber es zeigt, wie schwierig die Aufgabe eines Schiedsrichters ist!
Nun soll im Amateurbereich, wo in den unteren Ligen nicht mal Linienrichter unterstützend dabei sind, der Schiedsrichter alles richtig sehen, objektiv beurteilen und entscheiden. Und das in einer Zehntelsekunde! Jeder weiß (Pseudo-Schiedsrichter gibt es unter den Zuschauern genügend), dass dies nicht möglich ist. Aber das gehört zum Fußball und das ist auch gut so. Man muss es nur akzeptieren! Allgemein gilt, „der Schiedsrichter, der während dem Spiel am wenigsten auffällt oder über den man nach dem Spiel kaum ein Wort verliert, war ein guter Schiedsrichter“. Leider war dies in Auggen nicht so. Ab der zweiten Halbzeit, in der sich die Auggener Mannschaft mit viel Energie und Einsatz gegen die drohende Niederlage wehrte, drehte sich vieles um den Schiedsrichter. Das eigentliche Fußballspiel wurde etwas zur Nebensache, alle Beteiligten (Spieler, Trainer, Zuschauer) warteten darauf, was der Schiedsrichter als nächstes mit einem Pfiff ahndet oder welche Belehrungen er nicht nur an die Spieler von sich gab.
Schade, so sollte ein Fußballspiel nicht zu Ende gehen, auch wenn man das Ergebnis von 2:2 als für beide Seiten gerecht beurteilen kann. Die Mannschaft des FCN hat bei dem Spiel viel Lehrgeld bezahlt. Zwei (fast drei) rote Karten, ein zumindest zweifelhafter Elfmeter in der Nachspielzeit und ein Negativerlebnis, was am so dringend benötigten Selbstvertrauen nagt. Es bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen und die Mannschaft daraus ihre Lehren gezogen haben und für den weiteren Verlauf der Punkterunde zu nutzen wissen.
Ein Tipp an alle Spieler des FCN. Jeder sollte mal als Schiedsrichter bei Jugendspielen aushelfen. Dort werden diese dringend benötigt und man sieht ein Fußballspiel mal von der „anderen“ Seite, was zu einem besseren Verständnis und Akzeptanz der Schiedsrichter führen kann. Nur Mut, die Jugendabteilung wird euch dankbar sein.
Wie war das mit den Schiedsrichtern vor 100 Jahren! Nachfolgend Auszüge aus der FCN-Chronik eines Protestschreibens des FC Staufen nach einem Spiel gegen Neuenburg am 10.11.1924.
Nachfolgend die Gegendarstellung des FCN, auch sehr interessant!
Also Freunde, bleibt stets fair zum Schiedsrichter. Grüße, Otmar Pfister